Der Nutzen vieler Customer-Relationship-Management-Lösungen entspricht oft nicht den Zielen und Erwartungen. Ein zentrales Problemfeld ist dabei die Qualität der Kundendaten. Die Bedeutung einer hohen Datenqualität für Vertrieb und Direktmarketing ist beim Aufsetzen eines CRM Projektes allerdings eine zentrale Anforderungen. Bei der Umsetzung – vorallem in kritischen Phasen, wenn Funktionalität und Zieltermin gefährdet sind – fallen diese Datenqualitäts-Anforderungen schnell aus dem Scope. Das CRM-System geht dann mit teils fragwürdigen Daten live. Der Nutzen ist nicht voll gegeben und die Euphorie für eine neue CRM-Lösung schwindet sehr schnell.

Auch im laufenden Betrieb einer CRM-Lösung ist das Thema Kundendatenqualität kontinuierlich relevant. Neue Systeme, die zu integrieren sind sowie Onlinedaten aus E-Commerce-Lösungen und aus Self-Service Applikationen, bringen laufend neue Daten zum Kunden und müssen hinsichtlich ihrer Qualität „gemonitored“ werden, was sehr oft nicht passiert. Diese kontinuierliche Integration neuer Kundendaten konterkariert oft die in Projekten aufgesetzten Maßnahmen zur Optimierung der Kundendatenqualität.

Die Datenqualität Herausforderungen

  • ein dublettenfreier Kundenstamm: die Kundendaten zu einem speziellen Kunden liegen oft in einer Vielzahl von Kundenkonten vor. Vor allem bei der Erfassung neuer Kundenaufträge ist im Call-Center aus Zeitgründen oft mal schnell ein neues Kundenkonto angelegt. Dies liegt daran, dass das matchen und auffinden des korrekten Kundenkontos bei machen CRM-Lösungen sehr zeitintensiv sein kann. Auch bei der Anlage von Shop-Aufträgen oder über Schnittstellen gelieferten Aufträgen von Partnern, kommt die Neuanlage eines Kundenkontos schnell vor.
  • konsoliderte Unternehmensicht: bei vielen größeren Unternehmen gibt es eine Vielzahl von einzelnen Unternehmen, die oft die gleichen Lösungen und Produkte nutzen. Ist die Unternehmensstruktur nicht korrekt abgebildet, ergeben sich dadurch Mehrfachkontakte im Vertrieb und Direktmarketing. Das Ergebnis ist ein ineffizientes Vorgehen in oft nicht unerheblichem Maße. Durch viele Reorgansationen und Umbenennungen von Unternehmen ist die Konsolidierung nicht einfach und muss entsprechend konzipiert werden.
  • Datenfelder werden unterschiedlich genutzt: z.B. wird oft, wenn das Unternehmen Vereine als Kunden hat, die Anzahl der Vereinsmitglieder im Feld ‚Anzahl Mitarbeiter‘ eingetragen, da es kein entsprechend passendes Datenfeld gibt. Dieser typische Fall führt schnell zu falschen Auswertungen („wow, Absatz bei großen Unternehmen steigt überproportional“), Mißverständnisse und falsche Selektionen für Marketing-Kampagnen (z.B. Bewerbung einer neuen IT-Lösung für große Mittelstandsunternehmen).
  • falsche Unternehmensbranche: In einer Konzeption zur Optimierung der CRM-Lösungen wurde festgestellt, das über 50% der Branchenzuordnungen falsch waren. Außerdem hatten ca. 50% der Kunden keine Branchenzuordnung. Erklärbar wurden dadurch die hohe Ineffizienz in der Direktvermarktung und das fehlende Vertrauen in das bestehende Business-Reporting (Anzahl Kunden je Branche und Marktanteile entsprachen nicht den Erwartungen). D.h. es lag nur 25% korrekten Daten vor. Eine Zielgruppenorganisation basierend auf korrekter Kundendaten und Branchenzuordnungen führte hier zu enormen Effektivitäts – und Effizienz-Effekten mit nicht unerheblichen Auswirkungen im Millionen Bereich bei Kosten und Umsatz.

Diese vier Datenqualitäts-Herausforderungen haben erhebliche Auswirkung auf den Erfolg des Vertriebes und des Direktmarketings. Die negativen Folgen durch z.B. Mehrfachansprache der Kunden mit unterschiedlichen Angeboten sind hinlänglich bekannt, aber weiterhin akut bei vielen CRM Lösungen. Viele Unternehmen haben sich für einen leistungsstarken CRM Anbieter entschieden, können aber die Potentiale dieser Lösungen nicht voll nutzen. Als Analogie – man hat einen Porsche gekauft, fährt ihn dann aber nur im 1. und 2. Gang.

Welche Lösungsansätze sind vielversprechend um diese CRM Herausforderungen zu meistern?

  • Golden Record: Der goldene Kundendatensatz. Eine Konsolidierung der Kundendaten aus den unterschiedlichsten Kundensystemen und die Wahl der Kundendaten mit den korrektesten und aktuellsten Informationen (korrekter Unternehmensname, Adresse, Branche, aktueller Bedarf). Nicht ein führendes System, sondern Speicherung der korrektesten Informationen im goldenen Kundendatensatz und ggf. Verteilung an entsprechende Systeme. Auch Mercedes-Benz z.B. setzt zur intelligenten Verknüpfung aller Kundendaten und digitaler Footprints auf dieses Konzept (siehe auch Strategie Interview mit Daimler AG CIO Michael Gorritz, automotiveIT 2/2014)
  • Master Data Management Lösungen: MDM-Lösungen sind als integrierte Lösungen sehr gut geeignet die Datenqualitätsprobleme zu erkennen, entsprechend zu bereinigen und als Integrationsplattform die Kundendatenströme zu steuern und zu überwachen. Im CRM-Umfeld bewährte Lösungen sind TIBCO MDM, Informatica MDM und der Customer Data Hub von Uniserv.
  • Akzeptanz doppelt vorkommender Kundenkonten: Viele Vorgehen und Konzepte zur Lösung der mehrfachen Kundenkonten gehen davon aus, dass man die bestehenden doppelten Kundenkonten (Kunden-Dubletten) eleminieren und parallel das Anlegen von Dubletten verhindern kann. Sehr viele Projekte sind dabei gescheitert dies umzusetzen. Im digitalen Zeitalter mit immer mehr Kundendaten und Systemen mit Kundendaten ist dies nahezu unmöglich! Erfolgreicher sind Konzepte wie man Dubletten schneller erkennen und für die nachgelagerten Prozesse „unsichtbar“ machen kann, so daß nur das relevanteste Kundenkonto benutzt wird und die entsprechend aktuellsten Kundendaten beinhaltet. Umsetzungen basierend auf dieser Vorgehensweise mit Dubletten können zu erheblichen Kosteneinsparungen im Zeitverlauf führen.
  • innovative Web-Crawling Lösungen: Die Anzahl von entsprechenden Lösungen am Markt wächst schnell. Diese versuchen, aus einer Vielzahl von Informationen im Web mittels Big Data die Unternehmensdaten auf vielen Webseiten, Portalen und Sozial Media Kanälen zu scannen und die entsprechend korrekten und aktuellen Daten zu extrahieren und bereitzustellen. Es ist somit zukünftig möglich, die eigenen Kundendaten nicht nur über die entsprechenden Adressanbieter anzureichern, sondern sehr viel aktueller direkt über diese innovativen Lösungen. Es werden hier in den nächsten zwei Jahren einige neue Lösungen am Markt für externe Kundendaten entstehen. Interessant wird sein, welche Angebotsmodelle und Preise sich hier durchsetzen werden.

Empfehlenswert ist hierzu die mobil-Ausgabe des Magazins der „Deutschen Bahn“ mit dem Schwerpunkt „Total Digital“. Als innovative Web-Crawling-Lösung wird hier u.a. unter Digital Porträts das Projekt „Code for Germany“ vorgestellt (Seite 72). Eine Initiative, um die frei verfügbaren Informationen zu einer Stadt intelligent zu konsolidieren. Eine intelligente Vernetzung der Informationen, um einen Überblick zu einem Thema zu bieten. Ein erster Schritt um vom „Suchen und nicht Finden“ zu einem „Suchen und das richtige Finden“ zu kommen. DB_Total digital

„Die Kunden sind die einzige Quelle mit denen ein Unternehmen Umsatz generiert. Produkte bezahlen nicht und die Marke auch nicht“ sagte schon Don Peppers. In die richtigen Kunden zu investieren, die Kundenhaltbarkeit zu intensivieren und darüber hinaus die richtigen Entscheidungen in der Zusammenarbeit mit den Kunden zu treffen, basiert auf konsolidierten und korrekten Kundeninformationen.

In unserer digitalen Welt wachsen die Unternehmen deutlich schneller am Markt, die den Wert ihrer Kundendaten – und den Wert der Qualität dieser Daten – am besten kennen und diese optimal nutzen. Die USA sind uns hinsichtlich der Konzepte in diesem Bereich deutlich voraus. So hat sich dort bereits seit 10 Jahren das Thema „Kundendaten als Asset“ in der Business-Literatur fest verankert. Wie haben noch einen weiten Weg vor uns!